Es gibt eine Vielzahl, in ihrem Erscheinungsbild sehr unterschiedlicher Dschunkenriggs. In ihrer Vielfalt sicher interessant, aber hier geht es ja um Basiswissen.
Für unsere Zwecke beschränken wir uns daher auf das sogenannte westliche Dschunkenrigg, so wie es in den 1960er Jahren entstanden ist.

Was dieses Rigg bereits auf den ersten Blick von den weit verbreiteten (Bermuda-)Riggs unterscheidet, ist das weitgehende Fehlen des stehenden Gutes – den Wanten und Stagen.
Auf den meisten Dschunkenrigg getakelten Booten der uns interessierenden Bootsgröße, stehen die Masten frei. Es gibt im Grunde keine Notwendigkeit für stehendes Gut.

  • Bei einem Bermudarigg benötigt das große Vorsegel ein stabiles Vorstag an dem es angeschlagen werden kann. Das stabile Vorstag erfordert ein stabiles Backstag damit der Mast durch den Zug des Vorsegels nicht nach vorne umkippt. Sobald wir diese straffenden Stahlseile haben, die Kräfte auf den Mast ausüben, müssen wir den Mast auch seitlich stützen, da dieser sonst, bei der kleinsten seitlichen Biegung, durch den Druck der beiden Stagen kollabieren würde. Sobald wir von einem Vorsegel befreit sind und damit von dem ziehenden Vorstag, löst sich die Notwendigkeit von stehendem Gut auf.

 

Der Mast steht frei und ist biegsam. Er kann auftretende Windspitzen nach dem Schilfrohrprinzip abfedern/abmindern. Wer schon einmal Windsurfern zugeschaut hat, wird eventuell die sich biegenden Masten nach Sprüngen oder in starken Böen wahrgenommen haben – das zuviel an Kraft führt nicht zum Bruch des Mastes oder zum Sturz, sondern wird abgefedert. Die Beschleunigung des Dschunkenriggs ist daher sanfter und die Karftspitzen sind geringer.

Ein Dschunkenrigg besteht somit ausschließlich aus Segeln – bei größeren Booten aus zwei bis drei Segeln – die direkt am „eigenen“ Mast gefahren werden.
Das Segel ist mit einer der Größe entsprechenden Anzahl an Latten ausgestattet. Den oberen Abschluss des Segels bildet die Spiere, den unteren, eine größer dimensionierte Latte: der Baum. Alle drei – Baum, Latte, Spiere – stabilisieren das Segeltuch. Alle drei sind direkt mit dem Mast verbunden. Alle drei sind direkt mit der Schot verbunden. Die Kräfte, die im Segel eingefangen, auf den Schiffsrumpf übertragen werden und damit den Vortrieb erzeugen, werden somit an mehreren Stellen abgeleitet. Das Segel wird wenig punktuell belastet und kann damit leichter gebaut werden – z.B. geringeres Tuchgewicht und weniger Verstärkungen.

Das Dschunkensegel ist ein balanciertes Segel. Damit ist gemeint, dass Teile des Segels jeweils auf zwei Seiten über den stehenden Mast hinausragen und somit Druck und Gegendruck ausgleichende Wirkung erzeugen. Man kennt dies von vorbalancierten Rudern, die deutlich weniger Ruderdruck an der Pinne erkennen lassen. Darüber hinaus ist beim Dschunkensegel das Materialgewicht über die gesamte Länge des Achterliegs annähernd gleichmäßig verteilt. Beides – Balance und Tuchverteilung – vermindert ebenfalls die punktuelle Belastung des Mastes auf ein Minimum.

Das Segel kann kontinuierlich durch Verminderung/Vergrößerung der exponierten Segeltuchfläche den Windverhältnissen angepasst werden. Dafür wird das Segel einfach mehr oder weniger am Mast hochgezogen. Hat ein Segel z.B. 6 Latten = 7 Tuchbahnen, so wird bei wenig Wind das gesamte Segel gehisst, alle 7 Tuchbahnen fangen den Wind ein. Mit zunehmendem Wind wird das Segel nach unten gelassen, so dass theoretisch 7, 6, 5, 4, 3 oder 2 Tuchbahnen als Segelfläche genutzt werden. Jede Tuchbahn bildet ein „unabhängiges“ Segel. Damit dies ohne besonderen Aufwand möglich ist, haben die Chinesen sehr früh die inzwischen auch bei Bermudasegeln bekannten „Lazy Jacks“ entwickelt. Die nicht benötigten Tuchbahnen werden in diesen Lazy Jacks aufgefangen und mittels einer weiteren Leine dort fixiert.

Das Dschunkensegel kann flach geschnitten sein. Ein flaches Tuch ist einfacher zu händeln ist und wird daher von einigen Langfahrtseglern bevorzugt. Inzwischen gehen aber zunehmend mehr Dschunkrigger dazu über, ihre Segel zu profilieren. Grund hierfür sind die anerkannt mäßigen Leistungen des Riggs hoch am Wind, insbesondere wenn dieser noch schwach bläst. Durch die Profilierung werden die am hoch Wind Eigenschaften deutlich verbessert. Erkauft wird die Optimierung durch eine Verschlechterung der Starkwind Eigenschaften. Da aber ein Dschunkensegel für jede Windsituation passen sollte, werden Kompromisslösungen gesucht. Häufiger werden die Segel daher nur in den unteren Bahnen profiliert. Die oberen zwei oder drei Bahnen bleiben flach.

Für den Bermudasegel gewohnten Betrachter erscheint das Dschunkenrigg auf den ersten und auch zweiten Blick sehr kompliziert. Tatsächlich, wenn man das Rigg auf seine funktionalen Einzelteile beschränkt, ist erkennbar, wie unglaublich einfach dieses Rigg ist. Der Eindruck vom Komplexität entsteht zum einen durch die Segelform und die Vielzahl an Latten und die schwere Spiere. Verstärkt wird der Eindruck durch die Anzahl an Leinen und ihre Länge, die scheinbar wenig geordnet am und um den Mast bzw. in der Plicht verteilt sind. Während beim Bermuda erkennbar nur eine leichte Segelspitze nach oben ragt, ist es beim Dschunkenrigg ein große toplastige Menge an Tuch und Material.

Kann man Komplexität im Verhalten der Segler z.B. bei Manövern erkennen? Wenn ja, dann zeigt das hektische Treiben auf den Bermudarigg-Schiffen im Vergleich zur Gemütlichkeit der Dschunkisten die reale Situation:-) Insbesondere wenn die Boote mit gleicher Geschwindigkeit bei gleichen Wetterbedingungen fahren – bei unterschiedlichen Mannschaftsstärken:-))

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